Translate

Montag, 13. Oktober 2025

Der Pfingstritt aus gelehrter Feder

Aus der Pfingstbeilage der Kötztinger Umschau des Jahres 1986 

Der Pfingstritt aus gelehrter Feder  

Diese Quellensammlung bietet einen Überblick über die literarische und kulturelle Bedeutung des Kötztinger Pfingstritts, einer berittenen Wallfahrt in Bayern. Der Hauptteil konzentriert sich auf das Werk des Gelehrten Dr. Karl von Reinhardstöttner, der das Brauchtum in seiner Erzählung "Eber auf Eberstein" (1874) literarisch würdigte, nachdem er durch ein Erbe in der Region verwurzelt wurde. Die Texte beschreiben detailliert den Ablauf des Pfingstritts, von der Prozession zur Nikolauskirche Steinbühl bis zur Verleihung des "Sittenpreises" (Tugendkranzes) an den würdigsten Jüngling. Ergänzend betonen verschiedene Autoren wie Karl B. Krämer und Dr. Sigfrid Färber die historische Tiefe und die kulturelle Wichtigkeit dieses Festes als Ausdruck bayerischer Volksfrömmigkeit und Heimatliebe. Eine abschließende Notiz erwähnt die anhaltende Verbindung der Familie Reinhardstöttner zu diesem Brauch bis in die Neuzeit.


von Ludwig Baumann

Dass der große Sohn des Bayerischen Waldes, der Volksschriftsteller Maximilian Schmidt genannt Waldschmidt, im Jahre 1855 dem Kötztinger Pfingstritt mit seiner Novelle .Die Pfingstlbraut" ein literarisches Denkmal setzte, ist den Kötztingern wohlbekannt. Dagegen werden nur wenige wissen, dass unser Pfingstbrauchtum in der Literatur um eben diese Zeit eine weitere Würdigung fand: in einer Erzählung mit dem etwas pompösen Titel .Eber auf Eberstein" (1874).

Geschrieben hat sie Dr. Karl von Reinhardstöttner (1847 - 1907), der als Wissenschaftler sehr ver­dienstvoll an der Technischen Hochschule in München wirkte, als Dozent für romanische Sprachen in Würzburg und München tätig war und schon in jungen Jahren eine angesehene Anstellung als Erzieher · zweier Wittelsbacher Prinzen (Alfons und Ludwig Ferdinand von Bayern) gefunden hatte.
Wie kommt dieser weltgewandte Gelehrte - er hat Übersetzungen aus dem Italienischen, Spanischen und Portugiesischen geschrieben und sogar eine ita­lienische und portugiesische Grammatik verfasst - dazu, eine Schilderung des Kötztinger Pfingstritts in Druck zu geben!  Dr. Karl von Reinhardstöttner hatte von einem Onkel das Schlossgut Lixenried mit 150 Tagwerk Grundbesitz geerbt. Seitdem verband ihn ein herzliches Verhältnis mit der dortigen Bevölke­rung.
Er half überall mit Rat und Tat, saß oft und gerne mit den Lixenrieder Bauern, Kleinhäuslern, Holzknechten und Glasbläsern im Bräuwirtshaus und nahm am Leben des Dorfes regen Anteil.•
Sein Interesse an Land und Leuten, seine Verbundenheit mit dem hiesigen Menschenschlag veranlassten ihn zur Gründung und Herausgabe der .Bayerischen Bibliothek", einer Bücherreihe, in der von namhaften Schriftstellern bayerische Art, Landschaft, Leben und Kultur geschildert wurden. Der 17. Band (1890) .Land und Leute im Bayerischen Wald" mit 39 feinen, historisch und volkskundlich aussagestarken Zeichnungen (von Cham bis Passau) wurde vom Herausgeber selbst verfasst mit dem einen .Endziel, Vorurteile gegen den schönen Wald zu zerstreuen, ihm Freunde zu werben und den einen oder anderen zu veranlassen, seine Schritte hierher zu lenken.
Neben dieser Buchreihe veröffentlichte von Rein­hardstöttner unter dem Titel "Vom Bayerwald" noch eine - meines Wissens - vierbändige Folge mit je­weils vier oder fünf kulturgeschichtlichen Erzählun­gen aus dem Bayerischen Wald. Darin wollte er die wichtigsten Abschnitte der Geschichte eines kleinen aber reizenden Landstriches des deutschen Vater­landes darstellen, in Erzählungen, deren Vorgänge sich wirklich dort ereigneten, wofür archivalische Be­lege, geschichtliche Forschung, einheimische Überlieferung und jahrzehntelanger Verkehr mit Land und Leuten bürgen.

Der zweite Band dieser Reihe "Vom Bayerwalde" (1899) enthält die eingangs erwähnte Schilderung des Kötztinger Pfingstritts, eingebettet in die Erzählung "Eber auf Eberstein". Der Titelheld, Herr von Walther, der Sohn eines ehemaligen adeligen Gutsbesitzers im Bayerischen Wald, durch die
"Bauern­befreiung" (Aufhebung der Grundherrschaft und der Patrimonialgerichtsbarkeit) von 1848 um sein Erbe gekommen, jetzt in München lebend, besucht inkog­nito den verlorenen Familienbesitz . Von dort aus fährt er in Begleitung des wackeren Dorfwirts nach Kötzting, um "dem berühmten Pfingstlritt , der berittenen Wallfahrt nach der Nikolauskirche Steinbühel, beizuwohnen" .
 


Der kritische Leser mag unserem "kulturgeschichtlichen Erzähler" Karl von Reinhardstöttner ankreiden,  dass er den Namen eines Pfingstbräutigams nennt, den es nie gab, er mag bemängeln, dass sich die Erzählsprache stellenweise gestelzt liest. Doch er wird ihm zugute halten, dass er gründlich recherchiert und lebendig und anschaulich geschildert hat.
Von Reinhardstöttner beschrieb die geographischen Gegebenheiten und landschaftlichen Reize der Pfingstrittstadt getreu, beobachtete mit einem wa­chen Auge und mit gespitzten Ohren im Verein mit einem sicheren Gedächtnis Details der Reiterprozession, erkundete Interna, die gemeinhin nur den Ein­ heimischen bekannt sind (Ausstattung der Reiter­spitze durch den Posthalter), wusste um die Neuerung, die damals (1869) auf Druck des Ordinariats Regensburg die Monstranz mit dem Allerheiligsten durch ein schlichtes Brustkreuz ablöste, kommen­tierte kritisch Bestrebungen, „diese einfachen, ural­ten Festlichkeiten zu erweitern" und warnte vor „Spekulation(en) der Gewerbetreibenden . . ., die bald den einfachen Grundzug zur Nebensache um­ gestalten".
In der Person des Gastwirts aber drückt Karl von Reinhardstöttner seine ganz persönliche Anteilnahme und seine Begeisterung für den „Kötztinger Pfingstlritt" aus.

Quellen:
- Karl von Reinhardstöttner, Vom Bayerwalde , Vier kulturgeschichtiiche Erzählungen, Band 2, Berlin 1899.
- Karl von Reinhardstöttner, Land und Leute im Bayeri­schen Walde, Bayerische Bibliothek, Band 17, Bamberg 1890.
- August Sieghardt, Bayerischer Wald ; Landschaft, Ge­schichte, Kultur, Kunst ; Nürnberg 1959.-




Zu der Begegnung mit dem Pfingstritt, von der in der Erzählung „Eber auf Eberstein" im zweiten Band der Buchreihe „Vom Bayerwald" zu lesen ist, kommt es, als der Titelheld, Herr von Walther , in Begleitung eines wackeren Dorfwirts nach vierstündiger Kut­schenfahrt den Markt Kötzting erreicht , „als die Glocke des stattlichen Turmes neun Uhr schlug."
Der Autor Dr. Karl von Reinhardstöttner schildert , was beide erlebten bis in alle Einzelheiten:
„Der Wirt verließ, nachdem er das Fuhrwerk einge­stellt hatte, den Gast nicht, und es war dies für die Stimmung desselben ganz gut. Er zog ihn mit sich von Schenke zu Schenke, wie es hier so Sitte ist, ob auch der Fremde sich nicht mit gleicher Begeiste­rung wie sein Begleiter für das damals .noch übliche Rauchdörrbier erwärmen und an sich keineswegs erproben konnte, was der Wirt versicherte, dass es nur darauf ankomme, sich an den Trunk zu gewöhnen, denn das Bier an sich sei sehr gut. Unter solchen Walther nicht stets angenehmen Umständen nahte die Stunde heran, wo der feierliche Pfingstritt wieder nach dem Markte in festlichem Zuge zurückkehrte. Die Eigenschaften, die Bayerns alter Geschichts­schreiber, der treffliche Aventin, an den Bayern rühmt, leuchten an den Waldlern, diesen echten
Bajuwaren, ganz besonders hervor. Sie gehen nicht gern außer Landes, - man gedenkt der darum sprichwörtlich gewordenen Bodenmaiser - , sie haben viele Kinder, sie hegen aber auch einen ausge­sprochenen Sinn für Schaustellungen und theatrali­sche Aufführungen . Allenthalben haben sich Reste solchen Schaugepräges erhalten, und mancher ähnliche Gebrauch lebt nur noch in alten Sagen und Erzählungen fort.

Ein reizendes Fest

Ein derartiges Schaustück entfaltet der alljährlich am Pfingstmontage, wie einige wollen, schon seit dem Jahre 1412 eingeführte Pfingstlritt. Wo dieser Gebrauch, wie viele andere, bisweilen ihm sehr ähnli­che, anknüpft, ob er ein Rest der alten heidnischen Tage ist, ob Gelübde in schweren Prüfungen die Christenheit hierzu veranlassten, ob ein Vorgang zu­ Grunde liegt, der an die Ballade vom Grafen von Habsburg erinnert, mag uns hier nicht beschäftigen. 

 Es ist ein reizendes Fest, diese berittene Wallfahrt, und über dem eigenartigen Getümmel vergaß selbst Walther, den sein Wirt mitten in die lebendigen Handlungen hineingezogen hatte, auf Augenblicke das ungestüme Wogen seines eigenen Herzens.
Die Mittagssonne lag über dem breiten Thale des Weißen Regens, das die dichtbewachsenen Höhen des Kaitersberges, des Hohenbogens und des Haid­steins umschließen, von deren waldigen Wänden das auf einen in den Regen hinabfallenden Hügel er­baute, altehrwürdige Kötzting geschützt scheint. Aus der Ferne zeigte sich eine berittene Schar, die, von einer zahlreichen Volksmenge auf einem großen, freien Platze vor dem Markte erwartet, unter welcher sich Walther und sein Wirt befanden, in gemessenem Schritte herantrabte. Je näher sie kamen, desto lebendiger wurde es in der Menge, die ihrer harrte.

Heimwärts Wogt die Schar

Weit über hundert Mann, aus Kötzting selbst und der Umgegend stammend, hatten gegen acht Uhr morgens ihre stattlich gekämmten und geputzten Rosse bestiegen. Im priesterlichen Gewande, doch
mit hohen Reitstiefeln angetan, ritt ihnen der Pfarrer voran, von einem gleichfalls berittenen, vom Posthal­ter ausgestatteten Kreuzträger begleitet. Der Prie­ster hält die Monstanz, bisweilen auch nur ein
Kreuz, welches ein hübsches Kränzlein, aus Gold­ und Silberdraht gefertigt, ziert - der sogenannte "Tugendkranz". Scharen von frommen Wallfahrern folgen ihnen nach der vor mehr als fünf
Jahrhunder­ten geweihten Nikolauskirche in Steinbühel, die etwa sieben Kilometer weit von hier gelegen ist.
Die Ablesung der vier Evangelien gestattet dem Trosse eine viermalige Ruhe; bis sie das Ziel ihrer Wallfahrt erreicht haben. Dort entwickelt sich dann ein buntes Bild. Der Geistliche liest drinnen das
feierliche Hochamt, draußen aber um die Kirche herum stampfen und wiehern die ungeduldigen Rosse, an Pfähle und Bäume, Zäune und Mauern angebunden, indessen ihre Lenker im Heiligtum der Andacht oblie­gen. Ist mit dem feierlichen Segen das Messopfer be­endet, so strömt die gläubige Menge aus der dicht­ gefüllten Kirche heraus, die Berittenen schwingen sich wieder gewandt auf ihre Rosse, und heimwärts wogt die Schar und ihr Gefolge in unabsehbarem Zuge, wie sie gekommen war. Wohl macht manchem sein etwas schwerfälliges Pferd zu schaffen, das er unter dem Drucke der glühenden Mittagssonne doppelt mühsam lenkt, aber die Dinge erwartend, die sich da weiter entfalten sollen, scheut er die Mühe nicht, und an Hitze ist das Landvolk ja mehr als an Kälte gewöhnt.

Anerkennung und Ermahnung


Näher und näher rücken sie dem heimatlichen Orte, wo hoch am Turme der Pfarrkirche die bayerische Fahne flattert, wo Böllerschüsse krachen und eine tosende Menge von allen Himmelsgegenden her sich eingefunden hat, deren viele nun schon seit Stunden auf dem Bleichanger stehen.
Unter dem Jubel des Volkes hat der Festzug die weite Ebene erreicht. Der Priester reitet in die Mitte des von den Wallfahrern und dem Volke gebildeten Kreises, hält eine längere oder kürzere Ansprache und fordert dann den Jüngling, der für dieses Jahr bestimmt ist, den "Sittenpreis" in Empfang zu nehmen, auf, hervorzutreten.
Die gezeichnete Situation der Kranzlübergabe, nachträglich koloriert von ChatGPT mit der Vorgabe, es im Stile des Impressionismus auszuführen.

 
Mitten aus der Menge heraus macht der Gerufene sich und seinem Pferde Bahn, soweit sie ihm nicht freiwillig von den erfreuten Bekannten geräumt wird, reitet nicht ohne berechtigten Stolz vor den Geistlichen hin und erhält aus seinen Händen unter Worten der Anerkennung und Ermahnung für die Zukunft den "Sittenpreis". Die Klänge eines kräftigen Tusches, mehr oder minder reine Akkörde, verherrli­chen ihm diesen unvergesslichen Augenblick, worauf der Zug wieder.in die Pfarrkirche zurückkehrt.
Zu verschiedenen Zeiten, besonders in den letzten Jahrzehnten, hat man allenthalben Versuche 
gemacht, diese einfachen, uralten Festlichkeiten zu er­ weitern - unzweifelhaft zielt schon ein Verbot der kurfürstlichen Landesdirektion vom 29. März 1803 auf den Kötztinger Pfingstritt ab - man hat sich
bemüht, andere Feierlichkeiten daran zu knüpfen, alte Texte, wo solche. vorlagen, zu modernisieren und
ähnliche ins Gebiet der Spekulation der Gewerbe­ treibenden fallenden Beigaben zu erfinden, die bald den einfachen Grundzug zur Nebensache umgestal­ten. Der Freund des Volkes und seiner Geschichte muss solches, wo es geschieht, aufrichtig bedauern. Auch der einfache, doch so schmucke Pfingstlritt zu Kötzting ist seit lange mit der kirchlichen Feier nicht beendet. Der tugendsame Jüngling erscheint alsbald in anderem Gewande als .Pfingstlbräutigam", und unter reichem Gepräge zieht er in die Stadt, dankt dem Pfarrer für seine Wahl, dem Stadtoberhaupte für sein Kränzlein, des Landesfürsten wird mit einem Hoch gedacht, und der Bräutigam sieht sich nun um eine ,Pfingstlbraut" um, die er zum Gastmahle und zu dem darauffolgenden .Hochzeitsballe" führt. Der Tanz setzt sich auch des andern Tages fort, sodass das Volk des Marktes und der Umgebung sich lange schon auf das Pfingstfest mit vollem Rechte freuen darf.

Das ist nichts Kleines


Soweit die kirchliche Feier dauerte, war unser Gast, des schönen Bildes, dessen Zeuge er wurde, aufrichtig froh, an der Seite des Wirtes gestanden. Als der Priester die Worte laut ausrief: .Ich fordere den Bürgerssohn Xaver Meindl auf, hiermit den Tu­gendkranz zu empfangen", und dieser wie ein Ritter in die Schranken des Turniers hervorsprengte, da konnte sich der Wirt kaum mehr mäßigen.  "Das ist der, Veri", sprach er zu seinem Begleiter, "ein Sohn von einer Schwester meiner verstorbenen Frau. 0 Marie, was wär das heute für eine Freude für Dich! Wissen Sie, Herr von Walther, das ist nichts Kleines. Drei junge Leute nennt der Bürgermeister, und nur den bravsten von den dreien sucht sich dann der Herr Pfarrer aus. Und wie er droben sitzt auf dem Gaul, wie wenn er seiner Lebtag geritten wäre. Ja, der Bub' hat einen Geist. Mein Weib hats allweil ge­sagt, aus dem wird noch was" . . .



Der Pfingstritt - Krone des Brauchtums

  


Wenn am Pfingstmontag an die dreihundert Reiter, Bürger und Bauern, das uralte Gelöbnis der beritte­nen Wallfahrt nach Steinbühl erneuern , erleben wir: ein kerniger, der Tradition seines Brauchtums be­wusster Menschenschlag legt ein mächtiges und überzeugendes Bekenntnis zu seinem Herrgott und zu seiner Heimat ab. Ungetrübter Bürgersinn, bäuer­liche Lebenskraft und tiefverwurzelte Heimatliebe sind seit Jahrhunderten der Hintergrund dieser religiösen Handlung, in der sich die Seele des Waldlervolkes in ihrem schlichten Wesen und ihrer inneren Frommheit offenbart . . .

(Karl B. Krämer)

Am ersten Feldaltar auf dem Wiesenhügel hält die Spitze an, die Reiter rücken langsam auf, nehmen die Hüte in die gefalteten Hände, und der Priester liest vom Sattel aus das Evangelium. Die geschliffenen farbigen Gläser, die in dem Goldfiligran des Tugendkränzels eingefasst sind, das dem geistlichen Herrn vor der Brust hängt, und das er nach dem Heimritt auf dem Anger dem würdi9sten Burschen verliehen wird, blitzen wie wirkliche Edelsteine in der Sonne. Ringsum blühen die Talarblumen und
Sommerglokken, Wiesenschaumkraut und Steinbrech, aus den Kornhalmen steigen die Ähren auf, und die Schmetterlinge schweben um die bunten Blüten. Da ist wohl mancher andächtiger als in der Kirchenbank, wenn er auch kaum ein Wort verstehen kann . . .

(Johann Linke)

Der Sinn des Kötztinger Pfingstritts als germanisch-christliche Bitt- und Weiheprozession zu Pferd, um den Segen Gottes auf Mensch, Tier und Land herabzuflehen, stellt sich einfach und rein dar. Dabei ist es ganz natürlich, dass die Geschichte des Festes, dass Entstehen, Weiterbildung und Umbil­dung im Lauf der Zeiten nicht eindeutig und lücken­los herauszufinden sind, dass auch legendäre Hi­storien - wie jene vom Versehritt in der Hussitenzeit - oder zufällige Überlieferungen - wie die Jah­reszahl 1412 auf den Marktfahnen - mit hineinkamen. Urkräftige Volkstraditionen sind chronologisch­ wissenschaftlich eigentlich nie festzulegen, wie man sie ja auch immer mehr mit dem Gefühl als mit dem Verstand begreifen muss. Das ist nur erfreulich - und Kötzting kann sich freuen, dass sein Fest zu alt ist, um je eine gültige Jubiläumszahl festzulegen . . .

(Dr. Sigfrid Färber)




Die Krone des Pfingstbrauchtums im Bayerischen Wald ist aber unstreitig der Kötztinger Pfingstritt. 
Nicht als ob es hier nur eine Prozession zu Pferde gäbe. Solche sind bis in die katholischen Gegenden Norddeutschlands verbreitet. Aber die große Zahl der Reiter, der Reichtum des Schmucks von Ross und Mann, Bürger und Bauern in alter Tracht, das herrli­che, im Maiengrün prangende Zellertal, durch das 
der Ritt geht, und der nicht geringe Reichtum des mit dem Ritt verbundenen Brauchtums machen ihn für jeden Heimatfreund und für jeden Fremden zu ei­nem unvergesslichen Erlebnis . . .

                                                                                     (Dr. Oskar Ritter von Zaborsky-Wahlstätten)




Ja. an dem Tag kommt es mir jedesmal vor, als fiele aufs neue in alle Herzen das Pfingstfeuer der Liebe und Gnade. Möge es an jedem Pfingstmontag aus unserem Wald hinausleuchten in die weite Welt . . .

(Eugen Hubrich)




Zu diesem neu veröffentlichten  Beitrag in der Pfingstbeilage des Jahres 1986 habe ich von unserem Leitenden Zugordner, Herrn Sepp Barth, noch folgende Informationen erhalten.
Ein späterer Nachkomme des Autors und Wissenschaftlers  Dr. Karl von Reinhardstöttner, lebte nicht nur auf dem im Text erwähnten Lixenried sondern hatte auch besonders enge Beziehungen zum Kötztinger Pfingstritt.  Im Jahre 2016 erhielt er sogar die Auszeichnung für 25jährige Rittteilnahme.
Foto Rabl-Dachs: Dr. Claus von Reinhardstoettner am Pfingstmontag 2016 am Kötztinger Marktplatz bei der Entgegennahme seiner Ehrenfahne.

Kötztinger Zeitung 5.7.2017

Hier in seinem Nachruf erfahren wir auch näheres über die Familie vor allem im Zusammenhang mit Lixenried.


Freitag, 10. Oktober 2025

Lesestammtisch

Einladung zum
 monatlichen Lesestammtisch
des Arbeitskreises Heimatforschung






Was wollen wir dieses Mal lesen?

Im Jahr 1829 verschickte die Bayerische Regierung einen Befehl an all ihre Landgerichte. Diese sollten bei ihren jeweiligen Landgemeinden, Städten und Märkten nachfragen, welche Überlieferungen, Geschichten und „denk- und merkwürdigen” Begebenheiten und Orte es vor Ort noch gäbe.
Die Antwortschreiben der einzelnen Kommunen geben uns einen schönen Überblick über die überlieferten Ortsgeschichten und enthalten auch einiges an Sagenmaterial.
An der Befragung beteiligten sich die Pfarrämter und die Gemeindeverwaltungen, sodass ein buntes Bild der Überlieferungen der Ortschaften des alten Landgerichts Kötzting entsteht.
Im Oktober erfahren wir, welche Antworten die Gemeindeverwaltungen von Lederdorn, Niederndorf, Schwarzenberg, Rimbach und die Hofmarksherrschaft Runding der Regierung gegeben haben. Manchmal waren die Antworten ausführlich, manchmal gab es nur die schlichte Meldung, es gäbe nichts zu berichten.
Beim letzten Lesestammtisch erfuhren wir übrigens, dass der Name des Dorfes Warzenried von einem alten Mann mit einer großen Warze an der Hand abstammt, der die Wildnis gerodet hat (= riedern). Er verband somit seine persönliche Eigenschaft mit seiner Leistung. So einfach war das damals, wenn man eine Erklärung brauchte. Ob die Herren in der Regierung über diese „Theorie” gelacht haben, ist nicht bekannt. Bei „Jägershof” war es ebenso. Ein alter Jäger und ein einzelner Hof – voilà, der Jägershof.
Hier ein Lesebeispiel für den Text vom Oktober, gemeldet von der Hofmarksherrschaft Runding:



StA Landshut LGäO 602

Haidstein
Aus den wenigen Überresten dieser Buurg, welche auf uns gekommen sind, kann man wohl schließen, daß diese Burg eine früher bedeutenden Umfang gehabt haben müsse. Man erkennt noch den Eingang und sieht Spuren des vorhanden gewesenen Thores, an der südlichen Seite. Der vermutliche Vorhof ist viereckig und rings bis zur Westseite.....






                            >>>>>>>>>>     Dropboxlink direkt      <<<<<<<<<<<





Man muss diese Schrift nicht unbedingt bereits lesen können, wenn man an unserem Lesestammtisch teilnehmen möchte, denn :
  • die meisten Teilnehmer lesen zumeist auch nur still mit
  • werden an diesem Abend in den 2 1/2 Stunden auch viele andere geschichtliche (und zeitgeschichtliche) Themen am Rande besprochen.
  • ist es eine kurzweilige Veranstaltung und schlussendlich
  • kann man diese Schrift bei dieser Gelegenheit dann ja leicht lesen lernen.


Also, vielleicht sieht man sich im Kneippstüberl im Hotel zur Post zum neuen Termin am  14.10.2025 um 18.30, ich würde mich freuen.




Donnerstag, 9. Oktober 2025

H.H. Dekan Dietl verlässt Kötzting

 

Eine Ehrenautokolonne für Stadtpfarrer Dietl 


Die folgende Bilderserie von einer großen Auto-Begleitkolonne von Kötzting bis nach Thierlstein  stammt aus dem Kötztinger „Kretschmerarchiv”.  Im Juli 1956 wurde der langjährige Kötztinger Stadtpfarrer Josef Dietl ins Kloster Ettmannsdorf bei Schwandorf abberufen. Dekan Josef Dietl war nicht nur der standhafte Kötztinger Pfarrherr in den schweren Jahren des Dritten Reiches, sondern auch maßgeblich an der Jugendarbeit in den Nachkriegsjahren beteiligt. Ihm zu Ehren wurde der Stadtpfarrer >Dietl in einem offenen VW-Cabrio zuerst noch einmal durch die Stadt Kötzting "kutschiert", bevor es dann auf die Landstraße Richtung Schwandorf ging. Bei einer Pause in Thierlstein wurde er dann noch zum Ehrenmitglied der Kötztinger Feuerwehr ernannt, bevor sich die Wege der Kötztinger und seines ehemaligen Pfarrherrn dann trennten. Viel Spaß mit dem Blick zurück in ein ganz anderes Kötzting.



Die Abfahrt aus der Kirchenburg im Juli 1956

Die Autos alle noch mit den alten KFZ-Kennzeichen für Niederbayern

Das damalige Landratsamt noch mit der großen Umfassungsmauer



Und dann gings schon hinaus aus Kötzting, hier die große Kurve auf der Straße nach Blaibach mit dem
großen Firmengebäude der Fa. Aschenbrenner. Voraus die Motorräder.....

.... und alle Autos hinterdrein
Das ist vermutlich die Straße zwischen Kreuzbach und Miltach, nach dem Einbiegen von der Straße nach Blaibach. Die heutige Staatsstraße Kötzting-Miltach war damals ja noch nicht einmal angedacht.


Hier ist die große Autokolonne noch unterwegs.

Und dann kam endgültig der Moment der Trennung. Bis nach Thierlstein begleiteten die Kötztinger ihren scheidenden Pfarrherrn:
Die Ankunft der Wagenkolonne unter den schattigen Bäumen des Schlosses Thierlstein.



Viele Kötztinger begleiteten ihren Pfarrherrn auf dem Weg zu seiner neuen Wirkungsstätte.


Der Kötztinger Feuerwehrvorstand Michl Traurig ernannte Josef Dietl zum Ehrenmitglied der Kötztinger Feuerwehr. Links beim Baumstamm: Oexler Karl

Von Thierlstein nach Ettmannsdorf gings dann ohne Begleitung weiter.

KU vom Juli 1956

Trotz dieses groß gefeierten  Abschieds, kam Dekan Dietl noch im selben Monat zu einem Kuraufenthalt nach Kötzting zurück, wo sich in Schönbuchen dann auch die von ihm so sehr geförderten Mädchengruppen verabschieden konnten, deren Abschiedsgeschenk nicht mehr rechtzeitig fertig geworden war.
KU vom Juli 1956

Viele der Kötztinger Vereine und Jugendgruppen erinnerten sich gerne an ihren großen Förderer und so blieben die Kontakte zu ihrem Stadtpfarrer noch lange bestehen, wie die Beispiel der Kötztinger Pfadfinder und der Kolpingfamilie belegen.

Die Kötztinger Pfadfinder auf Fahrt bei ihrem ehemaligen  GR Herrn Pfarrer Dietl
 
von links: Kuglmeier Hans, Barenkopf Horst, Kindl X, Sauerer Luck, Heiduk Klaus(spitzt von hinten durch) vorne dran Winter Michael, Brandl Wick, x Hans, Maimer Ferdl fast nicht zu sehen im Hintergrund, Pfarrer Dietl, Fischer Franz fast nicht zu sehen, Stammberger, Kroher Hans mit schwarzer Hose, Fischer Franz, Vogl Erhard, Zisler Heinz, Hofmann Karl Heinz, Gerlach Detlev




Dienstag, 30. September 2025

Ein Bild und seine Geschichte der Burschenverein contra Fernmeldesektor F

 In der Bildersammlung des Stadtarchives befinden sich viele Beispiele von damals tagesaktuellen Veranstaltungen oder Berichten über Handel und Gewerbe, die uns einen kleinen "Blick zurück" erlauben; zurück auf Menschen, die schon lange verstorben sind oder Orte und Plätze, die es ebenfalls schon lange nicht mehr gibt. Mit dieser Reihe an Blogbeiträgen soll diese Erinnerungskultur ermöglicht werden; eine Erinnerung an ein Kötzting mit viel Handel, Handwerk, Vereinsleben und Gasthäusern, mit Jahrtagen,  Bällen, und vor allem mit Menschen. Hier ein Rückschau ins Kötzting von vor 50 Jahren.
Im Juni 1975 forderte die Fußballmannschaft des Burschenvereins die Auswahl des Fernmeldesektors heraus .


  Burschenverein contra  Fernmeldesektor F 

Die damaligen Spieler - heute alle im Rentenalter bzw. sogar schon verstorben - waren die damaligen Aktiven im Burschenverein.
Da es vom "Anfangsritual" des Geschenketausches mehrere Aufnahmen gibt, ist es möglich die Burschenvereinsmannschaft einzeln zu  zu benennen.
Bei der Mannschaft des Fernmeldesektors glaube ich als den Zweiten von links Guido Weixel zu erkennen. Beim Spielführer der Bundeswehrmannschaft KÖNNTE es sich um Riedl Dieter handeln.

v.l. Aschenbrenner Josef, X.X. Ganser Fritz, KH Krämer, Franz Mühlbauer, Franz Sonnleitner, Schmitz Georg, Krupitschka Peter, Hans Herbert Friedrich, Plötz Mich, Zahorik Max, Czak,



Donnerstag, 25. September 2025

Kötzting um das Jahr 1412 - ein Lebensbild

 Der gegebene Text basiert auf einem historischen Aufsatz von Ludwig Baumann mit dem Titel „Kötzting um das Jahr 1412 - ein Lebensbild“, der ursprünglich 1996 veröffentlicht wurde und nun online neu herausgegeben wird. Der Beitrag beleuchtet das mittelalterliche Leben in der bayerischen Marktgemeinde Kötzting, wobei er sich insbesondere auf die Zeit um 1412 konzentriert, die als legendärer Beginn des christlichen Pfingstritts gilt. Der Autor beschreibt Aspekte wie die Entwicklung von Familiennamen, die Struktur des Handels und Handwerks (etwa die Flößerei und die Badstuben), die Selbstverwaltung des Marktes durch den Rat und die Rechtslage der Bauern unter der Grundherrschaft des Klosters Rott. Er schließt mit einer Beschreibung des bäuerlichen Alltags, der Dreifelderwirtschaft und der zentralen Rolle des religiösen Glaubens.


Initiale aus der Wenzelsbibel, um 1400: Der Badegast verdeckt sich mit einem Blätterbusch seine Blöße. Ein solcher Blätterbusch findet sich auch im alten Kötztinger Marktsiegel, Später ist daraus der Wappenbaum entstanden.
Die heutigen Möglichkeiten, eine KI (NotebookLM) zu benutzen, führen zu zusätzlichen "Features", die die Erschließung solcher Texte erleichtern können. Hier zunächst eine sogenannte "Mindmap", die einen grafischen Überblick über die innere Struktur des Originalbeitrages erlaubt. Im Original ist jeder der Hauptpunkte noch aufklappbar für mehrere Unterstrukturen.
Am Ende des Originalbeitrages folgt dann zusätzlich noch eine Auswertig in Hinblick auf die Fragestellung der Pfingstrittlegende und des Wohnens und Lebens im Kötzting des Jahres 1412.
Eine zusätzliche Möglichkeit ergibt sich dann noch durch die Erstellung eines Podcastes, in dem in einem lockeren Zweiergespräch mit Fragen und Antworten der Beitrag von Ludwig Baumann ausgearbeitet wird und der erkennen lässt, dass die KI seinen Beitrag auch im Detail - und mit den historischen Ausdrücken - absolut richtig verstanden und eingeordnet hat.


Hier zunächst der Podcast zu diesem Thema, und ganz am Ende gibt es noch ein kleines Zusatzschmankerl, ein Multiple-Choice-Test über das Gelesene bzw. Gehörte.

 
Kötzting um 1412: Legende und Alltag im Spätmittelalter:





Mindmap erstellt von NotebookLM

Hier nun der Beitrag von Herrn Ludwig Baumann aus der Pfingstbeilage von 1996:


Die „Pfingstrittehr" von Eugen Hubrich, 1949 uraufgeführt, und das 1988 von Johannes Reitmeier neu inszenierte Festspiel waren als eine „historische Prozession" durch die Ortsgeschichte, als ein bunter Bilderbogen mit dem Auf und Ab des Kötztinger Pfingstbrauchtums über die Jahrhunderte hinweg konzipiert. Heuer überrascht uns Johannes Reitmeier mit einem neuen Spiel. Er wird uns nicht den weiten Weg „durch Raum und Zeit" entlangführen, er will uns in den eng umgrenzten Zeitabschnitt zurückversetzen, den die Legende als Beginn des christlichen Ritts überliefert, das Jahr 1412. Bei aller künstlerischen Freiheit möchte er historische Authentizität wahren, soweit die Quellenlage dies zulässt.

Mittelalterliche Namen

 

Versehgang, Begleitung des Geistlichen durch junge Männer, Bedrohung und Bestehen der Gefahr, die erste Kranzlüberreichung, die Verlobung des alljährlichen Ritts - diese Elemente der Legende sind nicht nachprüfbar und nicht beweisbar. Historisch belegt dagegen ist der Name des Pfarrers, der um 1412 die Kötztinger seelsorglich betreute. Allerdings kennen wir nur seinen Vornamen: Paulus. Das ist nicht außergewöhnlich. Auch von seinen beiden Nachfolgern sind uns nur die Taufnamen überliefert (Stephanus, Paulus Johann). Die Familiennamen bildeten sich in unserer Gegend zu dieser Zeit gerade heraus. Der Pfarrer hatte eine so exponierte Stellung, dass zu seiner Identifizierung in Urkunden und Schriftstücken Vorname und Amtstitel völlig ausreichten.

Die älteste Namenliste mit den Kötztinger Bürgern, in einem Salbuch des Klosters Rott am Inn von 1445, lässt noch die unsichere, nicht endgültig festgeschriebene Namensgebung erkennen. Von den 58 Bürgernamen leiten sich nicht weniger als 23 von ausgeübten Berufen ab. Sieben Kötztinger werden nur mit dem Vornamen genannt, zwei davon zur Vermeidung von Verwechslungen mit einem erklärenden Zusatz:
Jorg am Ort(sende), Jorg am Markt.
Einer bekam einen Herkunftsnamen: Andre Weyssenregner.
Der Name eines anderen Bürgers steckt noch im Entwicklungsstadium. Man beschreibt ihn umständlich mit „Gilg bei dem Brunnen genannt Solschwanz". Gilg ist die mittelalterliche Bezeichnung für Egid.
Wenn der Kern der Pfingstrittlegende historisch wahr ist, dann müssen einige der im Salbuch von 1445 Genannten als junge Burschen den Pfarrer beim Versehritt begleitet haben.

Licht und Bilder

Um 1412 war der Markt in seinem Kern schon längst angelegt: die Kirchenburg, deren Substanz auf die Romanik zurückreicht (der mächtige Taufstein, jetzt in der St. Annakapelle, ist Zeuge dieser Zeit); das Schloss für die herzoglichen Beamten freilich noch nicht so weitläufig und widerstandsfest wie nach 1459; der Pfarrhof an Stelle des heutigen Neuen Rathauses teilweise schon aus Stein gemauert mit winzigen Fenstern, dazu Stall, Stadel und Brunnen im Hof; die Anwesen vom Schloss an über das Viertel um die Herren und Müllerstraße, die Marktstraße hinauf bis zum Rund um die Veitskirche; und die vom Wasser angetriebenen oder Wasser verbrauchenden Gewerbebetriebe am Regen.
Die Häuser den Markt hinauf, wohl allesamt noch aus Holz gebaut, mit Schindeldächern, mussten damals schon durch eigene Tordurchfahrten zugänglich gewesen sein. Die Ställe, Städel und Schupfen lagen ja hinter den Wohnhäusern um den schmalen Hof. Dass die Fenster schon verglast waren, ist unwahrscheinlich. Auch in größeren Städten findet man bis zum 15. Jahrhundert nur an öffentlichen Gebäuden und dort auch nur in den oberen Stockwerken Glasfenster. Ansonsten boten Holzläden Schutz vor der Witterung. Auch mit Papier, geölter Leinwand oder dünn gegerbter Haut behalf man sich.
Wie muss den Leuten das Herz aufgegangen sein, wenn am Lichtmesstag oder gar in der Osternacht die Kirche im Kerzenschein erstrahlte! „Das Mittelalter ringt um Licht. Je einfacher der Mann, desto dunkler sein Dasein" (Otto Borst). Die Beamten im Schloss hatten vielleicht Kerzen aus Unschlitt (Rindsfett) oder gar Wachs zur Verfügung. Der kleine Bürger und der Bauer musste sich mit dem Schein des Herdfeuers begnügen oder mit dem sparsamen Licht, das Birken und Föhrenspan verbreiteten.
Wie sich der mittelalterliche, Mensch nach dem Licht sehnte, so war ihm alles bildhaft Dargestellte eine Offenbarung. Wir Heutigen leben mit einer Inflation von Bildern. Unsere Vorfahren von 1412 hungerten nach ihnen. Im Markt und gar auf den Dörfern hatten die Leute kaum ein Bild im Haus. Sie lebten in einer bilderlosen Zeit. Welch tiefen, prägenden und unauslöschlichen Eindruck müssen da die Altäre und die Kirchenfenster erweckt haben! Gerade damals entstanden die Gewölbebilder in St. Nikolaus zu Steinbühl. Die 1956 freigelegten Reste sind nur ein schwacher Abglanz früherer Aussagekraft. Dass auch die Kötztinger Kirchenwände dem leseunkundigen Kirchgänger Ausschnitte aus der Heilsgeschichte verkündeten, kann aus spärlichen Vermerken in den alten Kirchenrechnungen erschlossen werden.
Fresko in der Steinbühler Kirche: Landmann bei der Feldarbeit

Handel und Wandel im Markt

Im Kötzting vom Jahre 1412 hatte sich die marktische Selbstverwaltung längst eingespielt. 68 Jahre vorher waren die (älteren) Marktrechte von Kaiser Ludwig dem Bayern bestätigt worden. Danach durften mittwochs beim Wochenmarkt vor der Veitskirche Lebensmittel feilgeboten werden. Zwei Jahrmärkte von damals sind bis heute lebendig: am Himmelfahrtstag und am Sonntag nach Mariä Geburt. Auch sie gehören zum Fundamentum des gewachsenen Kötzting und sollten gerade auch deshalb der Zukunft des Gemeinwesens erhalten bleiben.
Der Schmied ist auch in Kötzting ein
uralter Handwerksberuf. Als sich im Spätmittelalter
die Familiennamen entwickelten, nannten sich sechs
Kötztinger "Smid", Holzschnitt 1491"

Verwaltet und geführt wurde die Bürgerschaft vom Rat mit seinen vier Mitgliedern. Sie hatten auch das Recht der niederen Gerichtsbarkeit. Ein Recht, das den Markt vor den umliegenden Orten besonders auszeichnete und das bürgerliche Selbstbewusstsein in hohem Maße stärkte. Ein Recht, das den Marktrat zum Richter erhob über alle Vergehen, ausgenommen Raufhändel, bei denen Blut floss, ausgenommen auch Totschlag, Raub und Notzucht. Dazu kam die freiwillige Gerichtsbarkeit, also die Abwicklung von Rechtsgeschäften wie Übergaben, Kaufverträge, Erbschaftsangelegenheiten. Dass dabei Gerichtsgebühren und Bußgelder als eine zusätzliche und nicht unbedeutende Einnahmequelle sprudelten, versteht sich. Außer den Geldbußen war die gängige Bestrafung der Arrest und das Prangerstehen. Am Pranger wurden die verurteilten Frauen in die Geige, die Männer in den Stock geschlossen. Der Pranger, auch Schandsäule genannt, stand vor der Brücke zum Eingang in die Kirchenburg.


Als Mittelpunkt ausgewiesen

Eine schriftliche Rechtssammlung des Klosters Rott vom Jahre 1412 (!) weist den Markt Kötzting als Mittelpunkt des Handels und des Handwerks aus. Da werden zuoberst die Fleischbänke genannt. Die Metzger verkauften das Fleisch nicht im eigenen Laden, sondern an den Fleischbänken. Die waren im Freien aufgestellt, beim Anwesen Metzstraße 14, im Haus wurde geschlachtet. Fleischbänke und Schlachthaus gehörten der Marktverwaltung und wurden jährlich von ihr verpachtet. So war es noch im 18, und 19. Jahrhundert, wie es in den Ratsprotokollbüchern vermerkt ist von fünf Fleischbänken ist dort regelmäßig die Rede.

 
Heute erinnert nur noch der Straßenname daran: Metzstraße, Metzgerstraße müsste sie heißen. Nach dem genannten Rottischen Text durfte aber auch das Kloster jährlich an Michaeli (29. September) eine Steuer von 5 Pfennig „von jeder Flaischbanch" erheben. Den gleichen Betrag kassierte der Klosteramtmann, ein weltlicher Angestellter mit Sitz in Kötzting, von jeder Brotbank und zwar an Weihnachten. Ebenso hoch besteuert waren die Krämer, für die der „Aufert Tag" (Christi Himmelfahrt) Steuertermin war. Hatten sie auf dem Jahrmarkt auch noch eine „Hütte" stehen, zahlten sie einen zusätzlichen Pfennig. Der Satz von 5 Pfennigen, das war knapp der Taglohn eines Zimmerers, scheint damals die gängige Gewerbesteuer zugunsten des Klosters Rott gewesen zu sein. Auch die Schuster und Lederer mussten diesen Betrag entrichten, wenn sie im Markt „Estet", ein uraltes Wort für „Gewerberecht" hatten.

Das Gewerbe der Fluderer


Ein weiterer angesehener und typisch Kötztinger Berufszweig war nach Rott steuerpflichtig, das Gewerbe der Fluderer. Das waren zum einen die Leute, die auf dem Weißen Regen vom Lamer Winkel herunter das Holz mit Flößen herführten, das waren aber im besonderen die Unternehmer, die Holzhändler. Das Recht dazu hatten nur die 36 Marktlehner, sozusagen die Bürger erster Ordnung in Kötzting. So war es schon im Freiheitsbrief von 1344 festgelegt. Nur sie durften Holz „oberhalb der Wöhr" einkaufen, in der Sägemühle schneiden lassen und „verfludern" (weiterverkaufen).
Das „Wöhr" (Wehr) muss so etwas wie eine Banngrenze markiert haben. Der Rottische Amtmann hatte dort ein Floß verankert, von dem aus der Holztransport kontrolliert und der fällige Zoll kassiert werden konnte. Ein Fluder (Floß) bestand gewöhnlich aus 46 Blöchern, von denen jedes gut viereinhalb Meter lang war. Holz war im Mittelalter ein ungemein wichtiger, lebensnotwendiger Rohstoff als Bau, Werk und Brennholz. Die überörtliche Bedeutung des damaligen Kötztinger Fludergewerbes wird unterstrichen durch neuere Untersuchungen, die „eine mittelalterliche Energiekrise" wegen Holzmangel und infolge Raubbau an den stadtnahen Waldungen aufdecken.

Eine Badstube in Kirchenbesitz


Neben den Handwerks und Handelsbetrieben hatte das mittelalterliche Kötzting auch einiges auf dem Dienstleistungssektor zu bieten. Im Umkreis von einer Meile durfte kein Bier gesotten werden. Nur die 36 Marktlehner konnten unumschränkt brauen. Den 12 Söldnern, dem Bürgerstand zweiter Ordnung, war nur ein Sud pro Jahr erlaubt, das waren knapp 20 Hektoliter. Das Braurecht und das Recht des „Schenkens" und der „Gastung" hatte Kaiser Ludwig 1344 mit den Marktrechten bestätigt. Im Marktrechtsbrief ist auch die Lizenz für den Betrieb von zwei Badstuben festgeschrieben.
Entlausung, Männlein und Weiblein in einem Zuber: Gab es diese Badeszenen auch im mittelalterlichen Kötzting?
Öffentliche Bäder gehörten im Mittelalter zu den selbstverständlichen Hygiene-Einrichtungen. Erst in der Spätzeit gerieten sie in den Ruf reichlich lockerer Anstalten. Tatsache ist, dass manche Handwerksgesellen zum Wochenlohn zusätzlich ein Badegeld ausbezahlt bekamen, auch in unserer Region. Als 1534 der herzogliche Beamte und Kastner zu Kötzting Albrecht Spiesser an den Wochenenden nach Neukirchen ritt, um wegen des dortigen Schlossbaus mit den Werkmeistern abzurechnen, zahlte er regelmäßig auch das Badgeld aus. Das Wasserbad (das Schwitzbad war im Mittelalter auch bekannt) nahm man in einer Kufe ein ovaler Holzbottich. Der Bader oder seine Bediensteten massierten dem Badenden durch lockere Abreibungen den Oberkörper und wuschen ihm das Haar. Eine Reinigung der Glieder vom Leib bis zu den Füßen unter häufigem Begießen mit Wasser beschloss das Bad. Hatte man vornehme Gäste, bestreute man die Wasseroberfläche und die Badenden mit duftenden Rosenblättern.
In den Kötztinger Archiven (Pfarr und Stadtarchiv) finden sich verstreut verhältnismäßig viele Vermerke über die beiden Badstuben: der „Badbrunnen" in der unteren Marktstraße (Nähe Foto Liebl/Drunkenpolz am Stachus) und das „Obere Bad" (im Umgriff der Veitskirche). Beide waren aus Holz gebaut, der Boden bestand aus gestampftem Lehm, erst im 18. Jahrhundert war er gepflastert. Das Wasser wurde in Holzrinnen in die Badstube geleitet.
Ungewöhnlich, dass das Obere Bad wenigstens ab 1501 (wahrscheinlich schon früher) der Kötztinger Kirche gehörte. In diesem Jahr wurde die Stiftung für eine Frühmesse erneuert, für die das Stiftungskapital „durch Kriegsleuff" verlorengegangen war. Unter den neu zusammengezogenen Stiftungsgütern findet sich auch das „Oberbadt".
. Es war von da an immer verpachtet. Der jährliche Pachtzins kam der genannten Meßstiftung zugute. Die anfallenden Reparaturen gingen zu Lasten der Kirche.
Wahrscheinlich gibt es einen sicher zunächst überraschenden Zusammenhang zwischen den Badstuben und dem Kötztinger Marktsiegel bzw. Wappen. Die ältesten Siegelabdrücke aus den Jahren 1409 und 1425 zeigen in einem Dreiecksschild einen Blätterbusch. Wie spätere Siegel ausweisen, hat sich daraus im Laufe der Jahrhunderte das heutige Wappenbild ein Laubbaum entwickelt. Der Blätterbusch der ersten Siegel ist an den Stielen unten zweimal zusammengebunden. Solche Laubwedel wurden den Badenden beim Betreten der Badstube gereicht. Sie sollten damit ihre Blößen bedecken.
 
Initiale aus der Wenzelsbibel, um 1400: Der Badegast verdeckt sich mit einem Blätterbusch seine Blöße. Ein solcher Blätterbusch findet sich auch im alten Kötztinger Marktsiegel, Später ist daraus der Wappenbaum entstanden.
 

Altes Kötztinger Marktsiegel mit dem stilisierten Blätterbusch.

Der urtümliche Name für diesen Blätterbusch war „Kosten" „Wer badet ohne Kosten, der schamt sich nicht viel", zitiert A. Schmeller eine alte Handschrift. Vermutlich brachten die mittelalterlichen Kötztinger oder ihre Ratgeber, als sie das Siegel und Wappenbild entwarfen, den Ortsnamen Kötzting fälschlicherweise mit „Kosten"', dem „Wahrzeichen" ihrer Badstuben, in Verbindung. „Derartige unrichtige Ortsnamendeutungen als Ausgangspunkt für Wappenschöpfungen sind in der Gemeindeheraldik des  13. bis 17. Jahrhunderts überaus häufig" (M. Piendl).

Die Bauern „im Aigen"


„Der Durchschnittsmensch gilt ... im Mittelalter nichts. Sieht man von der kleinen Oberschicht, den Herzögen, Bischöfen, Rittern und Patriziern, ab, ist der Mensch der Romanik und Gotik ein armseliges Geschöpf, ja eine Kreatur Es ist ja nicht nur so, dass Krankheit, Krieg und Pest die Leute nicht alt werden lassen, in der kurzen Lebenszeit widerfährt ihnen nur Böses. Und man ist wehrlos" (R. Reiser in: Bayerische Gesellschaft). 
Diese abgrundtief pessimistische Situationsschilderung trifft für das Dasein unserer Vorfahren so nicht zu. Nehmen wir als Gegenbeweis die Bauern im „Obern und Untern (Niedern) Aigen".
In diesem Zusammenhang: Mehr als 80 Prozent der mittelalterlichen Menschen lebten auf dem Land. Die Bauern im „Oberaign" (etwa der Lamer Winkel) und die im „Niederaign" (von Gradis ins Zellertal hinein und verstreut bis Ansdorf hinauf) lebten unter der Grundherrschaft des Klosters Rott am Inn. Freie Bauern, die ihren Wirtschaftsgrund als Eigentum besaßen, gab es bis zur „Bauernbefreiung" im 19. Jahrhundert nur sehr wenige. Im Gericht Kötzting waren es ganze sieben. Alle anderen waren Grunduntertanen eines Klosters, der Kirchen, eines Adeligen oder des Landesherrn. Und als solche zahlten sie Pacht (Stift) für den von ihnen bewirtschafteten Grund und Boden.
Türen zum Mittelalter: hier der Zugang zum 
neuen Pfingstrittmuseum.
(romanisch, frühere Kirchentüre)

Die Abhängigkeit vom Grundherrn war unterschiedlich gewichtet. Wer einen Hof als Freistift erhielt, musste jederzeit mit einer Kündigung rechnen. Die Neustift war beim Wechsel der Herrschaft (etwa durch Tod) mit der Zahlung des Laudemiums zu erneuern (mindestens 5 Prozent des Hofwertes). Nach Leibrecht vermachte Güter besaßen die Bauern auf Lebenszeit. Anwesen mit einem Erbrecht dagegen durften vom Altbauern auf den Sohn übergeben werden.
Das Erbrecht, die Leihform mit der für damalige Verhältnisse geringstmöglichen Abhängigkeit vom Grundherrn, galt in der Lam-Kötztinger Klosterhofmark für alle Grunduntertanen.
Der Bauer war sogar berechtigt, den Hof zu verkaufen, hatte sich allerdings beim Verkauf das Mitspracherecht des Klosters, die Willensäußerung der Nachbarschaft und die Begutachtung durch den Achtmänner-Rat gefallen zu lassen.
Die Existenz dieses Achtmänner-Rats, eine Frühform demokratischer Mitbestimmung, widerlegt die Behauptung von der Wehr und Rechtlosigkeit des mittelalterlichen Menschen.
Türen zum Mittelalter: 
gotische Sakristeitür in Steinbühl

Der Rat der „acht Mann" hatte nicht nur bei wirtschaftlichen Fragen ein Mitspracherecht, er wirkte auch bei der Bußzumessung in Gerichtsfällen mit. Wenn die Rede von einer so herausgehobenen Stellung ist, muss schon betont werden, dass die „acht Mann" aus der Bauernschaft kamen.
Vom Jahre 1445 kennen wir sie mit Namen und Herkunft: Wilhalm Nickel ab dem Lochberg (Lohberg), Pint Üll (Ulrich) im Ekersperg, Grassel Peter im Swartzenpach (Schwarzenbach), Spag Üll im Silbach (Silbersbach), Kunig Peter im Dürrnstain, Korman Nickel in der Lamb, Pfeffer Nickel von Frahels, Pritz Anderl. Dass der eine oder andere Name heute noch in den Dörfern gebräuchlich ist, mag als Indiz gelten für eine urgesunde Geschlechtertradition.
Ein Taschenbuch, älter als 500 Jahre Um 1400 legte das Kloster Rott am Inn die Rechtsgrundsätze, die es im Ober und Unteraigen seit alter Zeit hergebracht hatte, in 15 Artikeln schriftlich nieder. Freilich ging es dabei zuförderst um das Wohl, den Vorteil des Klosters. Aber auch Recht und Schutz der Untertanen wurden deutlich angesprochen.

Einige Beispiele:


Zunächst und mit Nachdruck wurde das Recht der niederen Gerichtsbarkeit betont. Kein herzoglicher Richter hatte „auf unserem Aigen" zu richten, ausgenommen die drei Dinge, die mit der Todesstrafe zu sühnen waren. Wurde ein Klosteruntertan eines todeswürdigen Verbrechens verdächtigt, übergab ihn der Propst (Klosterrichter) auf Antrag an den Landrichter, nur mit dem notwendigsten auf dem Leib („als ihn die Gürtel umpfangen hat").
Der Klosterrichter hatte insbesondere dann Recht zu sprechen, wenn kein höheres Bußgeld als 6 Schillinge zu erwarten war, was etwa fünf Wochenlöhnen eines Zimmerers entsprach.
Seit Jahrhunderten sehen sie auf die
Pfingstreiter: die gotischen 
Kopfkonsolen im Steinbühler Chor.

Wurden die Bauern vor Gericht gerufen, sollte jede Buße (Strafe), groß oder klein, mit Gnaden, also gnädig, und nach dem Rat der acht Mann auf dem Aigen festgestellt werden. Wenn sich ein „Armer" (Untertan) zu Unrecht verurteilt oder zu hart bestraft fühlte, konnte er Revision einlegen, aber nur vor dem Kloster, andere Richter waren nicht zuständig. Bei der Bußzumessung sollte Gnade walten, damit infolge zu harter Strafen Haus und Hof nicht ruiniert, nicht „baufällig" wurden.
Ein Scharwerk (Frondienst) waren die Untertanen niemandem schuldig, keiner Herrschaft und keinem Propst. (Pferde) Futter konnte der Propst entgegenkommenderweise erwarten. Das sollte er von den „Armen" aber mit Rücksicht auf ihr Vermögen fordern.
Diese Rechtsgrundsätze sind in einem Notizbüchlein vermerkt. Es wurde 1445 angelegt und zehn Jahre später von einem Rotter Mönch, der sich Bruder Conrad nennt, ergänzt. Notizähnliche Einträge, die Namenlisten der Untertanen mit den jährlichen Pachtgeldern und sonstigen Abgaben, vor allem aber der ziemlich abgegriffene Einbanddeckel aus einem festen Pergamentstück mit Bruchstücken von Choralmelodien (Neumen des 12. Jahrhunderts) lassen vermuten, daß es jährlich beim Einbringen und Kassieren des Pachtzinses mitgeführt wurde.
Aus folgendem Eintrag auf der Seite 20 geht klar hervor, daß damals das Kloster auf Notlagen durchaus Rücksicht nahm: „Item ze merken, daz (dass) ich bruder Conrad Conventual (Mönch) zu Rott gesandt pin (bin) worden mit Hain Saldorff gen Kötzting einzepringen meines genädigen Herrn von Rott Zins und Gült Anno Domini 1455. Also haben wir dye nach Vermögen der Armen Leyt ein Teil einpracht, das ander nachlassen."
 
Spur in das Mittelalter: Taufstein, bei Renovierungsarbeiten in der Stadtpfarrkirche 1979 unter dem Kirchenpflaster ausgegraben, jetzt in der St. Anna Kapelle. Wurden über ihm die Pfingstreiter von 1412 getauft?


Dreifelderwirtschaft


So nachhaltig sich seit dem Mittelalter die Rechtslage unserer Bauern geändert hat, so ganz anders waren damals im 15. Jahrhundert auch Wirtschafts-, Arbeitsweise und Lebensstil.  Allgemein 
üblich war die Dreifelderwirtschaft. Dabei konnten zwei Drittel des Ackerlandes jährlich genutzt werden. Das erste Drittel wurde im Herbst mit Wintergetreide, mit Roggen und Weizen also, bestellt. Auf dem zweiten Drittel baute man im Frühjahr Hafer, Kraut, Rüben, Flachs und Hülsenfrüchte. Der Rest blieb brach liegen und konnte sich ein Jahr ausruhen. Eine große Rolle spielten Viehhaltung und Weidewirtschaft. Auch die Bergwälder wurden beweidet, oft in der gemischten Holz-Feld-Weide-Bewirtschaftung (Riedern). 
Der Räderpflug mit eiserner Pflugschar hatte sich auch bei uns durchgesetzt. Er konnte anders als der alte Hakenpflug den Boden nicht nur aufreißen, was ein Kreuz und Querackern notwendig gemacht hatte, der Räderpflug konnte den Boden auch wenden. Die Sense war nur für den Grasschnitt in Gebrauch, zur Getreideernte diente die oft gezähnte Sichel. Der Dreschflegel hatte schon die bis in unser Jahrhundert herein gebräuchliche Form: Am Stiel war der bewegliche Flegel mit einer Schweinslederhaube und -bändern befestigt. Da und dort war sicher noch der alte Dreschstecken in Gebrauch: ein an einem gebogenen Griff starr befestigter Stock. Die Nahrung unserer bäuerlichen Vorfahren bestand im Mittelalter hauptsächlich aus Pflanzenkost und Milchprodukten. Die Kartoffel kannte man noch nicht. Außer Hühnern und Gänsen konnte Fleisch nur in den kalten Monaten auf den Tisch kommen.  Die Häuser waren in Blockbauweise aus Holz gebaut. Der Stubenboden bestand meist aus gestampftem Lehm. In der Mitte stand der Herd, dessen Feuer kaum verlöschte. Der Rauch zog durch eine Lucke im Dach ab. Erst seit dem 15. Jahrhundert und vor allem in der Stadt – baute man Rauchfänge. Spärlich war die Ausstattung mit Möbeln. Tisch, Bänke (Schragen) und Truhen waren das wesentliche Mobiliar. Eisenschlösser an den Türen gab es bei uns kaum. Sie hatten nur Holzriegel.

Kinderspiele „Zitterwagen"


 Und die Kinder? Spätestens mit zwölf Jahren wurden sie zur Arbeit herangezogen. Aber gespielt haben sie auch damals. Beliebt, waren Fang und Suchspiele, Kreisel, Windrad, Steckenpferd. Ein Spielgerät, das mir mein Großvater noch baute, findet sich auf einem Gemälde von Lucas Cranach „Die heilige Sippe". Der hl. Johannes als Bub von etwa drei Jahren zieht einen „Zitterwagen", ein schlittenartiges Gefährt aus einer Astgabel und Haselnussstecken. A. Schmeller widmet ihm unter den Stichworten „Graitelwagen" und „Zitterwagen" mehrere Zeilen.
Die Klammer, die für den mittelalterlichen Menschen alles zusammenhielt, war der Glaube an Gott, an Christus, seinen Sohn, an den Heiligen Geist. Mittelalterliches Bewusstsein ist religiöses Bewusstsein: Gott hält die Welt in den Händen (O. Borst). Aber am Ende der Epoche, im 15. Jahrhundert, damals, als nach der Legende der christlich-sakramental geprägte Pfingstritt erstand, war die Welt erfüllt von Blut und Tränen, von Getöse und Raserei. Nicht nur, dass drei Päpste zur gleichen Zeit den Stuhl Petri für sich beanspruchten (14091415) ! Die Angst ging um. Die Endzeit wurde erwartet. Aber  das Ende erwies sich als Anfang. Im Absterben steckte der Keim des Neuen...

Quellen:

Bayerisches Hauptstaatsarchiv, KL Rott am Inn 2. KL Rott 112.
Staatsarchiv Landshut, Rep 18 Fasz. 338 Nr. 1448 alte Sign.
Monumenta Boica II S. 108
J. A. Schmeller, Bayerisches Wörterbuch.
O. Borst, Alltagsleben im Mittelalter, Frankfurt am Main 1983.
B. Hermann, Mensch und Umwelt im Mittelalter, Stuttgart 1986.
R. Reiser, Bayerische Gesellschaft, München 1981.
Kötzting 10851985, Regensburg 1985
C. von Paur, Gedenkblätter zur Ortsgeschichte des Marktes Kötzting 1800-1871.
U. Winkler, Zwischen Arber und Osser, Grafenau 1981.



Der Podcast zum Thema:

Kötzting um 1412: Legende und Alltag im Spätmittelalter:



Die KI bot dann noch zusätzliche Ausarbeitungen des Beitrags von Ludwig Baumann zu Einzelfragen vor, von denen ich hier einfach mal zwei Vorschläge der KI ausarbeiten habe lassen.
 
Die erste Frage, die die KI selber vorschlug war der 

Zusammenhang der Pfingstrittlegende mit den vorhandenen Quellenmaterial. 

 


Die Rekonstruktion des historischen Alltags von Kötzting um das Jahr 1412 wird maßgeblich durch das Wechselspiel zwischen der nicht nachprüfbaren Legende und den fragmentarischen, aber belegbaren historischen Quellen beeinflusst.
Während die Legende den zeitlichen und thematischen Rahmen vorgibt, liefern die Quellen die konkreten, authentischen Details, die eine historische Verankerung ermöglichen.
I. Der Einfluss der Legende: Rahmen und Motivation
Die Legende des Pfingstritts beeinflusst die Rekonstruktion primär als künstlerischer Anlass und als zeitlicher Ankerpunkt:
1. Zeitliche Eingrenzung: Die Legende überliefert das Jahr 1412 als Beginn des christlichen Ritts und versetzt die Rekonstruktion bewusst in diesen eng umgrenzten Zeitabschnitt.
2. Künstlerische Freiheit vs. Authentizität: Obwohl die Legende selbst bei der Inszenierung des Festspiels die künstlerische Freiheit ermöglicht, wird das Ziel verfolgt, historische Authentizität zu wahren, "soweit die Quellenlage dies zulässt".
3. Unbeweisbare Kernelemente: Die zentralen erzählerischen Elemente der Legende – der Versehgang, die Begleitung des Geistlichen durch junge Männer, die Bedrohung, die Kranzlüberreichung und die Verlobung des alljährlichen Ritts – sind nicht nachprüfbar und nicht beweisbar. Die Legende liefert also keine Fakten für den historischen Alltag.
4. Hypothetische Verknüpfung: Die Legende regt jedoch zu hypothetischen Verbindungen an: Wenn der Kern der Legende historisch wahr wäre, müssten einige der Bürger, die im Salbuch von 1445 genannt werden, den Pfarrer als junge Burschen beim Ritt begleitet haben.
II. Der Einfluss der Quellen: Konkrete Verankerung und Authentizität
Die Quellen sind für die eigentliche Rekonstruktion des Alltagslebens und die Wahrung der Authentizität unerlässlich, da sie konkrete Strukturen, Namen und materielle Bedingungen belegen.
1. Belegbare Namen und Ämter
Die Quellen ermöglichen die Identifizierung von Personen und die Nachzeichnung der Namensentwicklung:
• Pfarrer: Der Name des Pfarrers, der Kötzting um 1412 seelsorglich betreute, ist historisch belegt: Paulus. Die Tatsache, dass Vorname und Amtstitel zur Identifizierung ausreichten, zeigt die damalige gesellschaftliche Stellung.
• Namensgebung: Die älteste Namenliste im Salbuch des Klosters Rott am Inn von 1445 zeigt die noch unsichere Namensgebung in dieser Zeit, die oft von Berufen ("Smid") oder vom Wohnort ("Jorg am Ort") abgeleitet war. Diese Liste liefert konkrete Namen für die Bürger dieser Ära.
2. Nachweis von Recht und Verwaltung
Quellen belegen die administrative Autonomie und die Rechtsstrukturen, welche die soziale Ordnung definierten:
• Rechtssammlung von 1412: Eine schriftliche Rechtssammlung des Klosters Rott aus dem Jahr 1412 weist Kötzting als Mittelpunkt des Handels und Handwerks aus.
• Marktrechte: Die (älteren) Marktrechte, die 68 Jahre zuvor von Kaiser Ludwig dem Bayern bestätigt wurden (also um 1344), belegen die Existenz von Wochen- und Jahrmärkten, die zum „Fundamentum des gewachsenen Kötzting“ gehören.
• Gerichtsbarkeit: Die Quellen belegen, dass der Rat mit seinen vier Mitgliedern die niedere Gerichtsbarkeit innehatte, ein Recht, das das bürgerliche Selbstbewusstsein stärkte.
3. Materielle Kultur und Alltag
Historische Quellen ermöglichen die detailreiche Rekonstruktion der Lebensumstände, die dem mittelalterlichen Menschen Licht, Hygiene und Wohnung boten:
• Wohnverhältnisse: Es kann rekonstruiert werden, dass die Häuser im Markt größtenteils aus Holz mit Schindeldächern bestanden. Fenster waren unwahrscheinlich verglast; stattdessen dienten Holzläden, geölte Leinwand oder dünn gegerbte Haut als Wetterschutz.
• Beleuchtung: Der einfache Bürger und Bauer musste sich mit dem spärlichen Licht des Herdfeuers oder dem Schein von Birken- und Föhrenspänen begnügen, was die allgemeine Dunkelheit des Daseins widerspiegelt ("Das Mittelalter ringt um Licht").
• Kirchen und Bilderwelt: Die Rekonstruktion der religiösen Erfahrung stützt sich auf die Annahme, dass die Menschen in einer "bilderlosen Zeit" lebten und daher die Altäre und Kirchenfenster einen tiefen, prägenden Eindruck machten. Auch die Vermutung, dass die Kötztinger Kirchenwände Ausschnitte der Heilsgeschichte für die Leseunkundigen darstellten, wird aus spärlichen Vermerken in alten Kirchenrechnungen erschlossen.
• Hygiene (Badstuben): Der Marktrechtsbrief von 1344 bestätigte die Lizenz für zwei Badstuben. Vermerke in den Archiven liefern Details zu den Standorten ("Badbrunnen" und "Oberes Bad") und der Bauweise (Holz, Lehmboden).
III. Einfluss der Quellen auf die Deutung der Legende (Wappen-Interpretation)
Die historische Forschung nutzt die Quellen, um traditionelle Narrative kritisch zu hinterfragen oder neu zu interpretieren, wie am Beispiel des Kötztinger Wappens sichtbar wird:
• Wappen und Badestube: Die ältesten Siegelabdrücke (1409, 1425) zeigen einen Blätterbusch im Schild. Solche Laubwedel ("Kosten") wurden Badenden gereicht, um ihre Blöße zu bedecken.
• Fehldeutung: Es wird vermutet, dass die mittelalterlichen Kötztinger oder ihre Ratgeber den Ortsnamen Kötzting fälschlicherweise mit „Kosten“ (dem urtümlichen Namen für diesen Blätterbusch und "Wahrzeichen" der Badstuben) in Verbindung brachten. Diese Rekonstruktion stützt sich auf die Untersuchung, dass derartige unrichtige Ortsnamendeutungen in der Gemeindeheraldik des Mittelalters überaus häufig waren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Legende von 1412 als dramaturgischer Ausgangspunkt dient, während die Quellen von 1412 bis 1445/1455 die notwendige Struktur, die Namen, die Rechte und die materiellen Details liefern, um aus der Legenden-Erzählung ein fundiertes historisches Lebensbild zu konstruieren.

Eine zweite Auswertung ging in die Richtung:

Kötzting um 1412: Leben, Wirtschaft, Glaube

Das Leben in Kötzting um das Jahr 1412 war von spezifischen sozialen, wirtschaftlichen und religiösen Verhältnissen geprägt, die sich aus der Stellung des Ortes als Markt, seiner Abhängigkeit vom Kloster Rott am Inn und dem tief verwurzelten mittelalterlichen Glauben ergaben.
Hier sind die prägenden Verhältnisse, basierend auf den vorliegenden Quellen:
Soziale Verhältnisse
Verwaltung und Rechtsprechung:
• Die Bürgerschaft des Marktes Kötzting wurde vom Rat mit seinen vier Mitgliedern verwaltet und geführt.
• Der Rat besaß das Recht der niederen Gerichtsbarkeit, was den Markt vor den umliegenden Orten auszeichnete und das bürgerliche Selbstbewusstsein stärkte.
• Die niedere Gerichtsbarkeit umfasste alle Vergehen, ausgenommen Raufhändel, bei denen Blut floss, sowie Totschlag, Raub und Notzucht.
• Die gängigen Strafen waren Arrest und das Prangerstehen. Der Pranger stand vor der Brücke am Eingang zur Kirchenburg.
Bürgerliche Hierarchie und Namensgebung:
• Die Bürgerschaft gliederte sich in unterschiedliche Stände, darunter die 36 Marktlehner (Bürger erster Ordnung) und die 12 Söldner (Bürger zweiter Ordnung).
• Die Herausbildung von Familiennamen steckte noch in der Entwicklung. Die älteste Namenliste von 1445 zeigt, dass 23 von 58 Bürgernamen von ausgeübten Berufen abgeleitet waren ("Smid"), während sieben Kötztinger nur mit ihrem Vornamen genannt wurden, teilweise mit einem erklärenden Zusatz (z. B. "Jorg am Ort").
Bäuerliche Verhältnisse (im Aigen):
• Mehr als 80 Prozent der Menschen lebten auf dem Land. Die Bauern im „Oberaign“ und „Niederaign“ waren mehrheitlich Grunduntertanen des Klosters Rott am Inn. Nur sehr wenige Bauern (sieben im Gericht Kötzting) besaßen ihren Grund als Eigentum.
• Für die Grunduntertanen in der Lam-Kötztinger Klosterhofmark galt das Erbrecht, die Leihform mit der geringstmöglichen Abhängigkeit vom Grundherrn, die es dem Altbauern erlaubte, den Hof an den Sohn zu übergeben.
• Die Bauern waren keine Scharwerk (Frondienst) schuldig.
• Die Existenz des Achtmänner-Rats aus der Bauernschaft widerlegte die Behauptung der Wehr- und Rechtlosigkeit des mittelalterlichen Menschen. Dieser Rat wirkte bei der Bußzumessung in Gerichtsfällen mit und hatte Mitspracherecht bei wirtschaftlichen Fragen wie Hofverkäufen.
Lebensbedingungen und Hygiene:
• Die Häuser im Markt bestanden wohl größtenteils aus Holz mit Schindeldächern.
• Fenster waren unwahrscheinlich verglast; stattdessen dienten Holzläden, geölte Leinwand oder dünn gegerbte Haut als Wetterschutz.
• Das Licht war spärlich. Der kleine Bürger und Bauer musste sich meist mit dem Schein des Herdfeuers oder dem Licht von Birken- und Föhrenspänen begnügen. Die Beamten im Schloss hatten möglicherweise Kerzen aus Unschlitt oder Wachs.
• Die Nahrung der bäuerlichen Vorfahren bestand hauptsächlich aus Pflanzenkost und Milchprodukten, da die Kartoffel noch unbekannt war. Fleisch (außer Geflügel) kam nur in den kalten Monaten auf den Tisch.
• Öffentliche Bäder (Badstuben) gehörten zur selbstverständlichen Hygiene-Einrichtung. Das Marktrechtsbrief von 1344 legte die Lizenz für zwei Badstuben fest: den „Badbrunnen“ und das „Obere Bad“.
• Kinder wurden spätestens mit zwölf Jahren zur Arbeit herangezogen, spielten aber auch Fangspiele, Kreisel und Steckenpferd.
Wirtschaftliche Verhältnisse
Handel und Gewerbe:
• Eine schriftliche Rechtssammlung des Klosters Rott aus dem Jahr 1412 (!) weist Kötzting als Mittelpunkt des Handels und des Handwerks aus.
• Der Wochenmarkt fand mittwochs vor der Veitskirche statt, wobei Lebensmittel feilgeboten wurden.
• Zwei Jahrmärkte (am Himmelfahrtstag und am Sonntag nach Mariä Geburt) waren bereits etabliert.
• Die Fleischbänke (Verkaufsstände der Metzger) waren eine wichtige Einrichtung und befanden sich im Freien.
• Wichtige Handwerksberufe waren der Schmied (sechs Kötztinger nannten sich später "Smid") sowie Schuster und Lederer.
Schlüsselindustrien (Holz und Brauen):
• Das Gewerbe der Fluderer (Holzhändler und Flößer) war ein angesehener und typisch Kötztinger Berufszweig, der gegenüber Rott steuerpflichtig war.
• Holz war ein ungemein wichtiger, lebensnotwendiger Rohstoff. Die überörtliche Bedeutung des Kötztinger Fludergewerbes wird durch Untersuchungen zur mittelalterlichen Energiekrise unterstrichen.
• Das Braurecht war stark reglementiert: Nur die 36 Marktlehner durften unumschränkt brauen, während die 12 Söldner auf einen Sud pro Jahr (knapp 20 Hektoliter) beschränkt waren. Diese Rechte wurden 1344 bestätigt.
Besteuerung und Abgaben:
• Das Kloster Rott am Inn erhob verschiedene Gewerbesteuern, wobei der Satz von 5 Pfennigen (knapp der Tageslohn eines Zimmerers) die gängige Höhe war.
• Diese Steuer war unter anderem fällig für Fleischbänke (an Michaeli), Brotbanken (an Weihnachten) und Krämer (am Himmelfahrtstag).
• Die Untertanen zahlten Pacht (Stift) für den von ihnen bewirtschafteten Grund und Boden.
Landwirtschaft:
• Allgemein üblich war die Dreifelderwirtschaft, bei der zwei Drittel des Ackerlandes jährlich genutzt werden konnten (Wintergetreide, Frühjahrsfrüchte und Brache).
• Viehhaltung und Weidewirtschaft spielten eine große Rolle.
• Der Räderpflug mit eiserner Pflugschar hatte sich durchgesetzt und erlaubte das Wenden des Bodens. Zur Ernte wurde die Sichel verwendet, die Sense nur zum Grasschnitt.
Religiöse Verhältnisse
Kirchliche Struktur und Personal:
• Der historisch belegte Pfarrer, der Kötzting um 1412 seelsorglich betreute, hieß Paulus. Sein Vorname und sein Amtstitel reichten zur Identifizierung aus, da Familiennamen sich erst herausbildeten.
• Die Kirchenburg geht in ihrer Substanz auf die Romanik zurück; der Taufstein in der St. Annakapelle ist ein Zeuge dieser Zeit.
Glaube und Weltanschauung:
• Der Glaube an Gott, Christus und den Heiligen Geist bildete die Klammer, die das Leben des mittelalterlichen Menschen zusammenhielt. Das mittelalterliche Bewusstsein war religiöses Bewusstsein.
• Um 1412, am Ende der Epoche, war die Welt jedoch auch erfüllt von Blut, Tränen und Raserei, und es herrschte Angst. Die Endzeit wurde erwartet.
• Die politische Krise der Kirche war evident, da zur gleichen Zeit (1409–1415) drei Päpste den Stuhl Petri für sich beanspruchten.
Bilderwelt und Licht:
• Die Menschen lebten in einer bilderlosen Zeit. Sie sehnten sich nach Bildern und waren von einer „Inflation von Bildern“, wie sie heute existiert, weit entfernt.
• Die Altäre und Kirchenfenster erweckten einen tiefen, prägenden Eindruck. Es kann angenommen werden, dass die Kötztinger Kirchenwände Ausschnitte aus der Heilsgeschichte für die des Lesens unkundigen Kirchgänger darstellten.
• Das Mittelalter rang allgemein um Licht. Die Kirche im Kerzenschein erstrahlte an Lichtmesstag oder in der Osternacht, was den Leuten das Herz aufgehen ließ.

Am Ende bot die KI auch noch die Möglichkeit ein Frage-Quiz mit 10 Multiple-Choice-Fragen zu generieren, die sich natürlich auf den bearbeiteten Text bezogen. Wer also sich selbst beweisen möchte, ob er den obigen Text nicht nur überflogen, sondern diesen auch verstanden hat (oder den Podcast sich angehört hat) kann sich mit den folgenden Fragen gleich beweisen:

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>hier der link zum Quiz bei notebookLM<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<